Samstag, 7. Juli 2018

Heimkommen

Heute vor unglaublichen 5 Jahren bin ich das erste mal alleine in ein Flugzeug gestiegen und habe mich auf eine Reise begeben, die mir die (wohl bisher) schönste Zeit meines Lebens beschert hat. Es fühlt sich einfach nicht an als wären inzwischen so viele Jahre vergangen, ich denke immer noch täglich an diese unvergessliche Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen zurück. Wenn man an ein Auslandsjahr denkt, schwingt unweigerlich auch immer der Gedanke des Abschiednehmens mit. Doch meistens denkt man dabei nur daran, wie schwer es wohl ist, sich in Deutschland von seiner Familie zu verabschieden. Dass der Abschied am Ende des Auslandsjahres noch viel schwerer sein kann, obwohl man am Flughafen in Deutschland denkt es könnte nicht mehr schlimmer kommen, habe ich bei meinem Abschied aus Neuseeland gelernt. Nachhausekommen - eine Herausforderung über die die wenigsten reden ...


Wenn ich an den Tag zurück denke, an dem ich mein großes Abenteuer gestartet habe, dann möchte ich diesen aus meinen Gedanken löschen. Der Abschied von meiner Familie und meinen Freunden war wirklich schrecklich, ich habe unheimlich geweint und war mir augenscheinlich nicht mehr sicher, ob die ganze Auslandsgeschichte wirklich so gut überlegt war.    

Ein Anblick, der mein Herz für immer erwärmen wird
In Neuseeland angekommen war der Abschiedsschmerz dann doch relativ schnell verarbeitet und ich bin voller Energie in mein großes Abenteuer gestartet, habe tolle Freunde gefunden (mit denen ich im übrigen auch heute noch in regelmäßigem Kontakt stehe), habe das Land bereist, einen Alltag mit 2 Kindern gemeistert und schnell wurde Auckland für mich zu einem zweiten Zuhause.


Die Zeit verging wie im Flug und der Abreisetag rückte in beängstigende Nähe – in meinem Kopf herrschte Gefühlschaos. Einerseits freute ich mich unglaublich auf meine Familie in Deutschland, andererseits hatte ich das Gefühl, dass Kapitel Neuseeland noch nicht abschließen zu können – es gab einfach Ecken des Landes, die ich noch sehen wollte, Abenteuer die noch gelebt werden wollten und ich war nicht bereit mein geliebtes Neuseeland hinter mir zu lassen.

An dem Tag, an dem ich mich von meiner Gastfamilie verabschieden musste, habe ich die ganze Abschiedssituation noch gar nicht so richtig realisiert – ich konnte nicht weinen, ich konnte meine Gefühlslage zwischen traurig und aufgeregt nicht einordnen, denn meine Au Pair-Zeit war an diesem Tag zwar zu Ende, doch es ging noch nicht nach Hause, sondern auf Laura und mich warteten 3 aufregende Wochen in Australien, auf die wir uns schon seit Monaten gefreut hatten. Im Nachhinein betrachtet bin ich sehr froh, dass der Abschied von meiner Gastfamilie so gelaufen ist, denn die Kids waren so schon unheimlich traurig. Es hat mir das Herz gebrochen, die zwei kleinen Mäuse zurück zu lassen ohne genau zu wissen wann ich sie wieder sehen werde. Es war ein kurzer Abschied mit der Aussicht auf ein nächstes Abenteuer der bei mir (zum Glück) nicht allzu viel Zeit zum Trauigsein zuließ, aber ein mulmiges Gefühl hatte ich schon, als ich am Flughafen aus dem Auto ausgestiegen bin.

Während ich in Australien war und im Hostel gelebt habe, stieg die Vorfreude auf zu Hause wirklich mit jedem einzelnen Tag. Das Hostelleben war ein Abenteuer, aber ich freute mich immer mehr auf mein gewohnte Umgebung, konnte kaum noch an etwas anderes denken und schlief jeden Abend mit dem Gedanken ein bald zu Hause zu sein. Die Aufregung stieg.

Nach Australien bin ich nochmal für 2 Tage nach Neuseeland geflogen, da mein Rückflug nach Deutschland von Auckland ging. Mit dem Landeanflug auf Auckland stellte sich bei mir plötzlich ein Gefühl von Heimat ein. Ich war wieder zu Hause. Zu Hause in Auckland. All die Vorfreude auf Deutschland saß noch in Brisbane am Flughafen. Meine Gastfamilie war zu dieser Zeit verreist und so wohnte ich bei meiner besten Freundin. Aber ich war trotzdem wieder zu Hause. Meine gewohnte Umgebung, mein fast gewohnter Alltag – schließlich war ich sowieso jeden Tag bei ihr. Wie konnte es sein, dass all das plötzlich zu Ende sein sollte? Es fühlte sich an, als würde jemand das Buch „Mein Leben im Land der Kiwis“ schließen und es wegräumen ohne mich zu fragen, ob das für mich in Ordnung ist, ohne dass ich es jemals fertig gelesen hatte. Nein es war nicht in Ordnung für mich! Ich dachte der Abschied in Deutschland war schwer, aber das was mich in Auckland am Flughafen mit voller Wucht traf war noch viel schlimmer. Niemals hätte ich gedacht, dass mir der Abschied einmal so schwer fallen würde. Aber ich hätte auch niemals gedacht, dass es möglich ist so viele Tränen in so kurzer Zeit zu vergießen.

Und plötzlich war ich zu Hause. Zu Hause in Deutschland. In meinem alten Leben, meinem richtigen zu Hause. Doch mein Herz blieb in Neuseeland.


Mir fiel es sehr schwer mich in Deutschland wieder einzuleben. Alle waren gestresst und hetzten von A nach B. Ich vermisste die neuseeländische Gelassenheit. Das Wiedersehen mit all meinen Lieben war wundervoll und die ersten Tage waren, abgesehen von dem fürchterlichen Jetlag unter dem ich schon auf dem Rückflug gelitten habe, einfach nur schön. Es gab so viel zu erzählen, viele Wiedersehen, viele Dinge zu erleben, die eigentlich alltäglich sind. Ich genoss deutsches Essen und lief durch die Supermärkte, als hätte ich noch nie einen von innen gesehen. Doch irgendwie war es auch als wäre man nie weggewesen. Es hatte sich nichts verändert – aber ich hatte mich verändert. In den ersten Wochen nach der großen Wiedersehensfreude fühlte ich mich unheimlich fremd, missverstanden, unwohl und wollte einfach nur zurück. Ich kam nicht damit klar jedes Wochenende zu Hause zu sitzen, statt mit meinen Freunden tolle Roadtrips zu unternehmen und irgendwie wusste ich mit meiner Zukunft nichts richtig anzufangen. Ich sah die Welt mit anderen Augen. Ich sah eine Welt voller Abenteuer. Und es fühlte sich an, als könne keiner der vielen lieben Menschen um mich herum nachvollziehen wie ich mich gerade fühle. Ich fühlte mich in meiner Heimatstadt plötzlich so fremd und gleichzeitig war es so schön all die Menschen, die ich in den letzten Monaten nur auf den Bildschirmen sah, wieder um mich zu haben. Ich durchlebte ein absolutes Gefühlschaos. Es hat lange gedauert, bis ich mich in Deutschland wieder so richtig eingelebt hatte und es sind einige Tränen geflossen. Heimwehtränen nach Neuseeland und meinen Kids. Heimwehtränen nach meiner Herzensheimat. Meine Familie meinte oftmals, ich wäre zwar körperlich in Deutschland anwesend, doch der Rest von mir wäre eindeutig noch in Auckland. Und genauso fühlte ich mich auch. Ich verglich so unheimlich viele Sachen mit Neuseeland und muss zugeben, dass ich auch heute noch in diese Muster verfalle. Bis heute vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht an meine Zeit in Neuseeland zurück denke. Und wie ich bereits kurz nach meiner Rückkehr damals geschrieben habe – ich vermisse mein Neuseeland jeden Tag ein bisschen mehr, but you always meet twice. And I'm sure, I'll come back. Back in my beautiful New Zealand. Back in my kiwi-home. 

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