Mittwoch, 13. Juni 2018

Vermissen


Dieser Blogbeitrag ist in einer etwas abgewandelten und verkürzten Form vor langer Zeit schon auf dem Blog von der lieben Kirstin online gegangen. Sie ist vor einigen Jahren mit ihrer Familie nach Neuseeland ausgewandert und informiert auf ihrem Blog aus verschiedenen Sichtweisen (z.B. aus ihrer eigenen, der ihrer Tochter oder der Sichtweise von Gastschreibern) über ganz verschiedene Dinge in Neuseeland. Dieser Beitrag ist den Dingen gewidmet, die ich während meiner Zeit in Neuseeland von zu Hause vermisst habe bzw. anders herum. Dabei geht es mir sowohl um materielle Dinge als auch um zwischenmenschliche Beziehungen.
Dass mir die Kidis fehlen, stelle ich hier jetzt mal gar nicht in Frage, aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Die beiden werden einfach für immer einen Platz in meinem Herzen haben. :-)

Man möchte immer das haben, was man gerade nicht bekommen kann. Dieses kleine Luxus-Problem kennt wohl jeder.

Um eins im Vorfeld klar zu stellen – Heimweh hatte ich nie! Klar habe ich meine Familie und Freunde vermisst, aber den Wunsch nach Hause zu fliegen, hatte ich während der kompletten Zeit nicht. Dafür ist Neuseeland viel zu schön! :-) 
In Neuseeland fing ich an Dinge zu vermissen, die ich in Deutschland gar nicht mehr so bewusst wahrnehme. Ich habe während der Zeit im Ausland Dinge zu schätzen gelernt, die für uns im Alltag selbstverständlich sind. Im Nachhinein betrachtet bin ich auch für diese Erfahrung sehr dankbar, denn sie hat mir gelehrt, auch die kleinen Dinge im Leben zu schätzen.

Fangen wir mal mit den alltäglichsten Dingen an.

Jeder, der für längere Zeit im Ausland war oder gar ausgewandert ist, wird diesen Punkt definitiv mit mir teilen: das deutsche Brot!! 
In Neuseeland haben wir immer nur Toast gegessen. Zwar kann man auch „normales“ Brot kaufen, aber das kommt an das richtig gute deutsche Brot bei Weitem nicht ran. Es ist von der Konsistenz in etwa genauso weich wie Toastbrot, nur etwas dunkler. Sagen wir es ist mal an einem traditionellen Mischbrot vorbei gelaufen und hat im Vorbeigehen ein paar Kleinigkeiten übernommen. Zum Geburtstag habe ich von meiner Familie aus Deutschland eine Brotbackmischung geschickt bekommen und ich denke kein Außenstehender kann dieses Glücksgefühl von frischem Brot, und dem Duft der nach dem Backen in der Luft liegt, nachvollziehen.

Selbstgebackenes Brot in Neuseeland und heimischer Brotduft in der Küche

(Vegetarier jetzt bitte zwei Absätze weiter scrollen) 


Ein anderes kleines Glücksgefühl habe ich erlebt, als ich nach meiner Rückkehr nach Deutschland mal wieder bei einem richtigen Fleischer stand. Diese unheimlich große Auswahl an Wurst – auch so eine Kleinigkeit, die ich in Neuseeland vermisst habe. Deutscher Schinken und dieses schinkenähnliche Etwas in Neuseeland lassen sich geschmacklich wirklich nicht unter dem gleichen Namen führen, das wäre eine Beleidigung an den Deutschen Schinken. ;-) 



Und Soße! Ich bin ein absolutes Soßenkind. :-) Sonntags einen Braten, mit Klöße und ganz viel Soße, das ist denke ich auch typisch deutsch. Über Weihnachten hat mich meine Mama besucht und Heiligabend gab es dann bei uns einen typisch deutschen Braten. Lecker!  :-) Ich habe in Neuseeland unheimlich leckeres Lammfleisch vom Grill gegessen, aber wie schon erwähnt, man möchte immer das, was man gerade nicht haben kann. In Neuseeland war es Mamas Bratensoße die ich vermisst habe und jetzt sind es die leckeren Sachen vom Grill meiner Gastfamilie die mir fehlen.

 

Zurück in Deutschland fehlen mir hier vor allem die typischen Kiwi-Süßigkeiten. 
Die letzten Sommer waren geprägt von Hitzerekorden (zudem bin ich Bewohnerin einer Dachgeschosswohnung, dort herrschen jeden Sommer ganz persönliche Hitzerekorde). Wer isst dann nicht gern ein leckeres Eis um sich zu erfrischen? In Neuseeland gibt es ein landestypisches Eis, welches es, glaube ich, auch wirklich nur da gibt - Hokey Pokey Eis! Eine Art Vanilleeis mit knuspriges Honey crumbles. Ich habe es geliebt! Und jeder der nach Neuseeland fliegt sollte es probieren - denn er wird es danach auch lieben!

Die obere Kugel ist das traditionelle
Hokey Pokey Eis


So nach dieser ausführlichen Beschreibung nun aber genug vom Essen ... ;-) 



Bei meiner Ankunft in Deutschland ging es drunter und drüber, da ich innerhalb Deutschlands meinen Anschlussflug verpasst habe. Schon nach 20 Minuten auf deutschem Boden habe ich mir die Unbeschwertheit und Freundlichkeit der Kiwis zurück gewünscht. Ich möchte nicht sagen, dass die Deutschen unfreundlich sind, es ist einfach die deutsche Mentalität, dass alles nach festgesetzten Regeln verlaufen muss und man Ausnahmen eher selten macht. Alles schnell-schnell und am besten schon gestern erledigen. Es hat wirklich sehr lange gedauert sich wieder an die deutsche Hektik zu gewöhnen, die einem als Einheimischer gar nicht so bewusst ist, aber unweigerlich eignet man sich das Ganze wohl selbst schneller wieder an, als einem lieb ist. Aber als ich tiefenentspannt nach Deutschland zurück gekehrt bin, habe ich mit meiner innerlichen Ruhe und der Einstellung „ja, mache ich gleich“ schon einige (vor allem meine Familie) aus dem Takt gebracht. :-) 



Nach meiner Rückkehr nach Deutschland fand ich es auch sehr ungewohnt, dass man im Supermarkt oder anderen Geschäften nicht mehr gefragt wird  „Hey what’s up? How are you?“ …immerhin war dieser kleine nette Plausch zur Alltäglichkeit geworden, egal ob man die Leute kannte oder nicht. Die Kiwis sind einfach ein unheimlich herzliches Volk. Ich wurde oft mit „Hey sweetie“ begrüßt, aber während ich diese Begrüßungsform in Deutschland eher als befremdlich einstufen und mich von manchen Personen vielleicht sogar etwas bedrängt fühlen würde, hat man in Neuseeland einfach gemerkt, dass die Leute das absolut ohne Hintergedanken sagen und diese Freundlichkeit wirklich von Herzen kommt.


Wo wir grad beim Thema Supermarkt sind. In Neuseeland stehen an der Kasse zwei Verkäuferinnen. Eine kassiert und eine packt deine Einkäufe ein. Das ist jetzt keine riesengroße notwendige Sache, aber ein kleiner Luxus den man beim Einkaufen genießen darf. :-) 



Ich vermisse die neuseeländische Natur! Ich habe mir vorher nie viel aus Bergen, Seen etc. gemacht. Wenn ich das Meer vor mir gesehen habe, dann war meine kleine Welt in Ordnung, aber in Neuseeland habe ich gelernt die Natur zu schätzen. Dieses Land bietet so eine unheimlich große Naturvielfalt. Berge, Seen, Gletscher, Höhlen, Thermalquellen - hier kommt jeder auf seine Kosten.
Lake Benmore in der Canterbury Region auf der Südinsel

Vor allem der atemberaubende Moment als ich vor den türkisblauen Gletscherseen der Südinsel mit den Bergketten im Hintergrund stand wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Im Vergleich zu manch anderen Ländern, hierbei denke ich insbesondere an den asiatischen Raum, wissen die Neuseeländer ihre Natur, ihr Geschenk Gottes, auch wirklich zu schätzen und achten akribisch darauf, dass keine Schädlinge ins Land gelangen, die die Natur in Gefahr bringen könnten. Das mag einem vor allem bei der Einreise am Flughafen zunächst sehr komisch vorkommen, aber wenn man die Natur erst einmal erkundet hat, dann weiß man warum das ganze Hin und Her betrieben wird. 

Als ich zu Hause meine Koffer gepackt habe, hätte ich nicht erwartet, dass der neuseeländische Winter auch auf der Nordinsel ziemlich knackig kalt sein kann. Die Sonne macht in Neuseeland extrem viel aus! Es gab Tage, da habe ich die Kidis früh mit dicker Jacke und Mütze zur Schule gebracht und saß wenige Stunden später zum Lunch im Top auf der Terrasse. Die Bauweise der Häuser in Neuseeland ist nicht mit der deutschen zu vergleichen, so hatten wir im Winter im Haus oftmals nur 13/14 Grad, denn doppelglasige Fenster und Heizkörper, wie wir sie in Deutschland kennen, sucht man in Neuseeland vergeblich. Dabei wäre das auch dort eine durchaus angebrachte Sache. Auf dem folgenden Bild seht ihr einen Heizkörper, wie wir ihn bei meiner Gastfamilie hatten. Eine etwa 2cm dicke kleine Platte, die an der Wand hängt und per Kippschalter an- und ausgeschaltet wird. Solch eine Heizung gab es allerdings bei uns nur in den Schlafräumen und im Bad. Ich gebe zu, ich hatte meine Heizung im Winter tagelang durchgängig an, damit wenigstens mein Zimmer ein wenig warm ist. Aber solch eine Heizung gibt natürlich nicht einmal annähernd so viel Wärme ab, wie ein deutscher Heizkörper. Ich bin eine echte Frostbeule und habe mir im Winter wirklich sehnlichst ein super gut geheiztes Haus gewünscht! Aber zum Glück kam der Sommer dann relativ schnell und meinte es wirklich gut mit mir. :-) 

Eine typisch neuseeländische Heizung
Zu Guter Letzt vermisse ich in Deutschland die Nähe zur Küste. Als ich das erste Mal mit meiner Gastfamilie geskyped habe, war ich wahnsinnig aufgeregt und konnte nicht wirklich viel sagen. Aber eine Frage brannte mir auf den Lippen - „Wie weit ist es bis zum nächsten Strand?“. Ich bin ein absolut meerverliebter Mensch und für mich war es ein Traum nur 20 Minuten bis zum Strand zu fahren. Da Neuseeland ein sehr schmales Land ist fährt man allgemein nie sehr lange bis zur Küste (zumindest im Vergleich zu Deutschland), das habe ich wirklich sehr genossen. :-)

           Dieses Bild ist am Maraetai Beach entstanden - quasi meinem Heimatstrand.
           Bis hier hin fuhr ich mit dem Auto nur 20 Minuten, allein deshalb war das schon
           einer meiner Lieblingsorte, an den ich unbedingt zurück kehren möchte. :-)


Dieser Beitrag ist nun doch um einiges länger geworden als ich dachte, aber es freut mich, dass ihr bis hier hin durchgehalten habt. :-)

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